Luft- und Raumfahrtmedizin

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erstellt von Manuela Vod im Rahmen einer Doktorarbeit.


Die Luft- und Raumfahrtmedizin ist ein Teilgebiet der vorbeugenden Medizin, das sich mit den physiologischen und psychologischen Belastungen des Organismus beim Fliegen beschäftigt. Handelt es sich um Flüge innerhalb der Erdatmosphäre, spricht man von Flugmedizin. Flüge, die über die Erdatmosphäre hinaus in den Weltraum führen, sind dagegen das Arbeitsgebiet der Raumfahrtmedizin.

Flugmedizin

Die Flugmedizin beschäftigt sich in erster Linie mit den Auswirkungen von Höhe und Geschwindigkeit auf den menschlichen Organismus. Dazu gehört die Untersuchung von Faktoren wie Beschleunigung und Verzögerung, Luftdruck und Luftdruckabfall. In der zivilen Flugmedizin ist die Reisekrankheit ein weiterer Untersuchungsgegenstand.

Hohe Geschwindigkeit löst keine schädlichen Reaktionen im menschlichen Organismus aus, gefährlich werden können jedoch starke Beschleunigungs- und Verzögerungskräfte. Diese Kräfte gibt man als Vielfache der Erdbeschleunigung in der Einheit g an. Auf einen Piloten, der seine Maschine nach einem Sturzflug wieder hochzieht, wirken Kräfte bis zu neun g ein. Ist der Organismus länger als ein paar Sekunden Kräften von vier bis sechs g ausgesetzt, stellen sich Symptome ein, die von Sehstörungen bis hin zur Bewusstlosigkeit reichen können. Schutz dagegen bietet der sogenannte Anti-g-Anzug, der durch seine besondere Konstruktion Druck auf Bauch und Beine ausübt und dadurch dem Blutstau in diesen Körperteilen entgegenwirkt. Wichtig bei starken Beschleunigungskräften ist auch die ausreichende Abstützung des Kopfes, andernfalls treten Schwellungen in den Nebenhöhlen auf, die zu heftigen Kopfschmerzen führen. Versuchspersonen, die mit dem Rücken zur Flugrichtung saßen und in geeigneter Weise abgestützt wurden, konnten Verzögerungskräfte bis zu 50 g ohne größere Verletzungen überstehen.

Ein entscheidender Faktor beim Fliegen ist der ständige Sauerstoffbedarf des Körpers. Der Organismus kann Sauerstoff nur im Blut speichern. Die Muskeln können zwar eine Zeit lang auch ohne Sauerstoffnachschub arbeiten, doch dann nimmt ihre Leistungsfähigkeit durch die Anhäufung giftiger Abfallstoffe rapide ab. Am empfindlichsten reagieren Augen und Gehirn auf Sauerstoffmangel. Mindestens bis zu einer Höhe von 5000 Metern reicht der äußere Luftdruck aus, um Menschen unbeschwertes Atmen zu ermöglichen. In großen Höhen muss der Druck künstlich erhöht werden, um Menschen, die nicht an den geringen Luftdruck angepasst sind, über längere Zeit hinweg das Überleben zu sichern. Militärflugzeuge sind mit Sauerstoffgeräten ausgestattet. Bei Flugzeugen, die für Höhen von über 10 km geeignet sind, steht in der Regel das gesamte Cockpit unter Überdruck oder sie sind mit einer Überdruck-Sauerstoffversorgung ausgerüstet. In Militärmaschinen, die bis über 16 km aufsteigen können verfügt die Besatzung über Ganzkörper-Druckanzüge. Zivile Fluggesellschaften statten ihre Maschinen den gesetzlichen Regelungen entsprechend mit Druckkabinen aus.

Die Höhenkrankheit entsteht in großen Höhen durch akuten Sauerstoffmangel und wird in der medizinischen Fachsprache Hypoxie genannt. Schon in der untersten Schicht der Atmosphäre, der Troposphäre, wird die Luft in 3900 Meter Höhe so dünn, dass es zu Sauerstoff-Mangelerscheinungen kommen kann. Die Hypoxie löst im Organismus eine ganze Reihe unterschiedlicher Reaktionen aus. Zunächst kommt es zu leichten Vergiftungserscheinungen und Reizung des Nervensystems, später gehen Aufmerksamkeit und Urteilsvermögen verloren, und schließlich tritt Bewusstlosigkeit ein. Länger anhaltender Sauerstoffmangel kann bleibende Gehirnschäden hervorrufen.

Zu Gasembolien kommt es bei geringem Luftdruck in über 9150 Meter Höhe, da der Stickstoff nicht mehr in der Gewebeflüssigkeit des Körpers gelöst bleibt, sondern in Form kleiner Blasen frei wird. Diese können ins Blut gelangen und als Embolien Blutgefäße blockieren. Dieser Zustand, Gasembolie oder Druckfallkrankheit genannt, führt zu geistiger Verwirrung, Lähmungserscheinungen und dem Zusammenbruch von Nerven- und Kreislaufsystem. Besonders charakteristische Symptome der Druckkrankheit sind Schmerzen in den großen Gelenken, die durch den Druck der Gasblasen auf Sehnen und Nerven entstehen, sowie eine krampfartige Verengung der Blutgefäße. Als wichtige Vorbeugungsmaßnahme hat sich das Einatmen reinen Sauerstoffs vor dem Flug erwiesen, denn auf diese Weise wird der Stickstoff aus dem Blut verdrängt. Schneller Druckverlust, wie er bei einer Undichtigkeit der Flugzeugkabine in großer Höhe auftreten kann, führt zur Bildung von Gasblasen in den Körperhöhlen. Ihr Druck verursacht schwerwiegende Schädigungen des Herzens und anderer Organe.

Die Reisekrankheit hat sowohl bei Flug- und Auto- wie bei Schiffsreisen die gleiche Ursache: Das Gleichgewichtsorgan im Innenohr gerät durcheinander. Auch psychische Faktoren wie Flugangst spielen dabei eine Rolle. Zur Vorbeugung gegen die Reisekrankheit kann man vor Reiseantritt Medikamente mit dem Wirkstoff Scopolamin einnehmen, auch einige Antihistaminika haben die gleiche Wirkung.

Auch Zeitverschiebungen sind eine Belastung für den Körper. Seit es immer schnellere Flugzeuge gibt, können Besatzungen und Passagiere an einem Tag mehrere Zeitzonen durchqueren. Dabei kommt unter Umständen die innere Uhr des Organismus durcheinander. Diese Störung des Tagesrhythmus kann zu Orientierungsstörungen und zu einer Beeinträchtigung von Konzentration und Leistungsfähigkeit führen, einem Zustand, den man umgangssprachlich als Jetlag bezeichnet.

Raumfahrtmedizin

Bei Raumflügen können verschiedene Reaktionen in ähnlicher Form auftreten wie bei gewöhnlichen Flügen, denen man mit ähnlichen Maßnahmen zu begegnen versucht. Darüber hinaus müssen die Raumfahrtmediziner jedoch zwei weitere Probleme in Betracht ziehen: die Schwerelosigkeit und die starke Strahlung außerhalb der Atmosphäre.

Während der Flüge werden zahlreiche Körperfunktionen überwacht. Dabei registrierte man nur wenige Veränderungen. Abweichungen gab es jedoch hinsichtlich des Hormonspiegels und bei der Konzentration bestimmter Salze im Blut, doch das Ausmaß war so gering, dass keine unmittelbaren Gesundheitsschäden eintraten.

Wie sich herausstellte, blieb auch die kosmische Strahlung ohne nennenswerte Auswirkungen. Bei kurzen Erdumkreisungen ist die Strahlendosis etwa ebenso hoch wie bei einer Röntgenuntersuchung. Die Besatzungen der längeren Skylab-Missionen dagegen sind einem Vielfachen dieser Strahlungsmenge ausgesetzt. Raumflüge werden so geplant, dass sie nicht in Phasen starker Sonnenfleckenaktivität fallen, denn zu diesen Zeiten können gefährlich hohe Dosen von Gammastrahlen auftreten.

Obgleich man von Anfang an davon ausgegangen war, dass die Schwerkraft für normales Wachstum notwendig ist, hatte man nicht erwartet, dass ein längerer Aufenthalt in der Schwerelosigkeit zu solch starken Veränderungen führen würde. Nach längeren Raumflügen traten zahlreiche medizinische Probleme auf, unter anderem ein deutlicher Verlust von Knochensubstanz und eine Schwächung der Muskulatur. Als sehr gefährlich erwies sich die Schrumpfung bestimmter Muskeln (insbesondere des Herzmuskels), weil sie sich auf die Funktion des gesamten Kreislaufes auswirkten. Im Blut selbst wurde ein Rückgang der sauerstofftransportierenden roten Blutzellen registriert.

Bei einer siebentägigen Mission der Raumfähre Challenger im Jahr 1985 wurden diese Effekte in einem Tierversuch an 24 Ratten und zwei Affen untersucht. Nach Ende des Testfluges stellte man nicht nur den erwarteten Verlust von Knochensubstanz und Muskelmasse fest, sondern auch eine verminderte Freisetzung des Wachstumshormons.

Alle diese Erkenntnisse werden bei der Planung neuer bemannter Weltraummissionen berücksichtigt. Der gedrängte Zeitplan für die Arbeit der Astronauten im All beinhaltet daher regelmäßiges körperliches Training, damit ihre Muskelkraft erhalten bleibt. Weiters ist bei der Planung ständig bemannter Raumstationen ist ein regelmäßiger Wechsel der Besatzungen vorgesehen, so dass die Astronauten nicht allzu lange in der Schwerelosigkeit verbringen müssen.


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